Maßnahme: Mobilitätsplanung mit Fokus auf Ausbau Rad- und Fußinfrastruktur und ÖPNV-Entwicklung | Einsparpotenzial |
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Einsparpotenzial in kt CO2e pro Jahr | 1.120 |
Anteil an Münchens Gesamt-Emissionen (7.820 kt CO2e pro Jahr) nach BISKO Bilanzierung 2022 [1] | 14,3% |
Die hier beschriebene Maßnahme hat zum Ziel den Verkehr vom Verbrenner-PKW auf andere Verkehrsmittel zu verlagern. Für das Ziel der Stadt München bis 2035 Treibhausgasneutralität zu erreichen, muss bis dahin der Prozentsatz der zurückgelegten Verbrenner-PKW Fahrten auf 0% reduziert werden. Die Maßnahme beinhaltet daher viele kleinere Einzelmaßnahmen, die alle auf diese Reduzierung einzahlen und hier als Planungsmaßnahme dieser Einzelmaßnahmen zusammengefasst sind.
Zitat GSB II:
“Die Möglichkeiten der Landeshauptstadt München diese Emissionen im Rahmen einer Mobilitätswende zu reduzieren, sind im Verhältnis zu anderen Handlungsspielfeldern als relativ hoch anzusehen. … Neben der Emissionsreduktion bietet eine Mobilitätswende zudem viele weitere Vorteile für ein lebenswertes, gesundes, inklusives und wirtschaftlich erfolgreiches München (vergleiche Grundsatzbeschluss I).”
Ca. 23% der Treibhausgasemissionen in München werden laut BISKO Bilanzierung (siehe Erklärung: Bilanzierungsarten) durch den Verkehrssektor verursacht [1]. Obwohl die Gesamtmenge der Treibhausgasemissionen in München nach BISKO in den letzten Jahren abgenommen hat, ist sie im Verkehrssektor zwischen 2014 und 2022 nahezu konstant bei ca. 1.800.000 tCO2e pro Jahr geblieben (vgl. Abbildung 9 in [1]).
Um zu verstehen, warum das so ist, lohnt es sich auf den Modal Split zu schauen. Der Modal Split gibt an wie viel Prozent der Verkehrsleistung auf welche Verkehrsmittel anfallen. Dabei gibt es zwei gängige Zählweisen: nach Anteil der Wege oder nach Anteil der Personenkilometer (siehe Übersicht Verkehrssektor für eine genaue Aufschlüsselung und unsere Einschätzung dazu). Um die Emissionen des Verzehrsektors berechnen zu können, muss man auf die Anteil der Personenkilometer je Verkehrsmittel schauen. Die aktuelle Verteilung des Modal Splits nach Anteile der Personenkilometer für München sowie Daten für die Jahre 2002, 2008 und 2017 ist in Figur 1 dargestellt (Daten aus [2] und [3]).
Modal Split nach Anteil der Personenkilometer für München: Details: (2002: ÖPNV 30%, Rad 3%, zu Fuß 4%; 2008: ÖPNV 30%, Rad 5%, zu Fuß 3%; 2017: ÖPNV 36%, Rad 5%, zu Fuß 3%; 2023: ÖPNV: 32%, Rad 14%, zu Fuß 6%)
Obwohl der Anteil der Personenkilometer in München seit 2002 kontinuierlich aber langsam gesunken ist, ist die Stagnation der Emissionen im Verkehrsbereich mit einem leicht anwachsenden Verkehrsaufkommen (auch bedingt durch Bevölkerungszuwachs) zu erklären.
Für Klimaneutralität bis 2035 müssen die 48% der Personenkilometer mit dem Pkw drastisch sinken. Ein Teil kann in klimaneutral angetriebene ePkws übergehen. Aber da bis 2035 nur noch 10 Jahre Zeit sind, kann nicht nur auf die Antriebswende gehofft werden (die Durchschnittliche Nutzungsdauer von PKWs in Deutschland liegt bei 9,5 Jahren [4]). Zusätzlich müssen große Teile des Verkehrs mit anderen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.
Einsparpotenzial in München: 1.120.000 tCO2e pro Jahr = 14,3% der Gesamtemissionen Münchens (siehe Berechnung des Einsparpotentials unten; Münchens Gesamtemissionen nach BISKO Bilanzierung 2022 [1])
Im Maßnahmenplan sowie in den Grundsatzbeschlüssen der Stadt sind zahlreiche Maßnahmen vorhanden, die im Grunde Mobilitätsplanungsmaßnahmen sind. Fast alle Verkehrsmaßnahmen zahlen auf dieses Konto ein (siehe Auflistung). Diese Vielzahl an Maßnahmen lässt sich in vier große Teile unterteilen:
Förderung Radverkehrsinfrastruktur Im Maßnahmenplan [5], der die Grundlage für die Klimabeschlüsse der Stadt München darstellt, haben wir 26 Maßnahmen, welche einer Aktivierung des Radverkehrspotential zugeordnet werden können, ausmachen können. Aus der Roadmap [6], welche die vorgeschlagenen Maßnahmen des Maßnahmenplans [5] auf die Beschlüsse der Stadt abbildet ist jedoch zu sehen, dass von diesen Maßnahmen bisher nur sehr wenige im Grundsatzbeschluss II und im Sonderprogramm Klimaschutz 2021 angegangen worden sind. So sind nur 9 der 26 Maßnahmen in der Roadmap aufgezeigt. Auch im Grundsatzbeschluss III findest sich lediglich eine weitere beschlossene Maßnahme zur Thematik. Ein wegweisender Beschluss für den Radverkehr in München sollte der Beschluss zur Übernahme der Forderungen des Münchner Radentscheids mit 160.000 Unterschriften sein. Dieser wurde im Juli 2019 im Stadtrat beschlossen. Die Umsetzung ist aktuell jedoch stark verzögert. Siehe dazu die Maßnahme in unserem Monitoring. Außerdem wurden statt der zugesagten 1,6 Milliarden Euro erst 70 Millionen ausgegeben und aufgrund der aktuellen Haushaltslage der Stadt ist in Zukunft lediglich mit weiteren 10 Millionen pro Jahr zu rechnen [7]. Weitere Klimabeschlüsse insbesondere für Radwege und Radabstellflächen sind kleinteiliger über das Mobilitätsreferat erarbeitet und beschlossen worden. Hierzu ist uns jedoch keine grundlegende Strategie bekannt.
ÖPNV Ausbau Der ÖPNV soll bis 2035 klimaneutral sein. Im Bereich ÖPNV Ausbau hat München mit dem Ausbau der U5/U9, sowie dem Ausbau der Tramlinien für die nächsten Jahre bereits wichtige Infrastrukturmaßnahmen eingeleitet [8]. Hinzu kommt der Bau der zweiten Stammstrecke. Diese Maßnahmen sind jedoch teuer und dauern lange, sodass sie keine kurzfristigen Änderungen im Mobilitätsverhalten der Münchner:innen versprechen. Außerdem kommt das generelle Ziel der Taktverdichtung hinzu. Dieses würde den ÖPNV generell attraktiver machen. Das aktuelle Hauptproblem ist jedoch der Personalmangel bei den Fahrer:innen und in den Werkstätten, wodurch diese Taktverdichtung nicht stattfinden kann und immer wieder Fahrten ausfallen müssen [9],[10].
Ausbau Ladeinfrastruktur Ob sich Münchner Bürger:innen bei der Anschaffung von neuen PKWs für Elektroantriebe entscheiden oder nicht, liegt nicht im Einflussbereich der Stadt. Jedoch stellt das Vorantreiben des Ausbaus der Ladeinfrastruktur für Elektro-PKW eine Möglichkeit dar, um Elektroantriebe attraktiv zu machen. Das Mobilitätsreferat treibt diesen Ausbau bereits voran. Wir haben hierzu eine eigene Maßnahme in unserem Monitoring - siehe Ausbau Ladeinfrastruktur. Einen weiteren Anreiz bietet die Stadt München durch drei Stunden kostenloses Parken für Elektroautos auf öffentlichen Parkplätzen [11].
Quartierkonzepte für Förderung der Wege zu Fuß und anderer Nahmobilität München hat mit dem Quartieransatz im Mobilitätsbereich die “Stadt der kurzen Wege” als Leit-Prinzip ausgerufen [12]. Das heißt, dass Orte des täglichen Bedarfs alle in der Umgebung sind und schnell ohne Auto erreicht werden können. In den vergangenen Jahren sind Infrastrukturmaßnahmen bereits nach diesem Prinzip geplant und umgesetzt worden, beispielsweise im neuen Stadtteil und Quartier Freiham [13].
1. Stärkere Förderung Radverkehrsinfrastruktur
Laut einer aktuellen, deutschlandweiten Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung im Auftrag des ADFCs ist sogar eine Steigerung auf 40% der Wege durch Radverkehr in Metropolen wie München möglich [14]. In München liegt der Wert aktuell bei 21% [3] und ist damit schon über dem Durchschnitt für deutsche Metropolen (16%) [14]. Um dieses Potential zu aktivieren, unterteilen die Autor:innen der Studie die zugehörigen Maßnahmen in drei Bausteine ein, deren Umsetzung jedoch von einander abhängt und auf einander aufbaut. Der erste Baustein ist eine einladende Infrastruktur mit einem durchgängigen und sicheren Radwegenetz. Dafür sind bereits weitreichende Infrastrukturinvestitionen notwendig. Als Zweites wird eine multimodale Integration des Fahrrads in den ÖPV notwendig. Hiermit sind vor allem Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen sowie eine Verbesserung der Radmitnahme in Zügen (Platz und Ticketbuchung) gemeint. Als Drittes sollten weitere Push- und Pull-Maßnahmen folgen, die eine Mobilität auf dem Rad oder zu Fuß attraktiv und eine Nutzung von PKW unattraktiver machen. Außerdem ist es wichtig eine positive Fahrradkultur in ganz München zu etablieren (die Niederlande bilden hier das Paradebeispiel) [14]. Um die Potentiale des Radverkehrs in München bis 2035 zu heben, sollten alle Rad-Maßnahmen des Maßnahmenplans [5] zügig angegangen und umgesetzt werden. Hierzu sind vor allem weitere Investitionen durch die Stadt nötig, insbesondere auch um den bereits beschlossenen Radentscheid umzusetzen (siehe [15]). Zusätzlich ist ein Fahrradkonzept in Anlehnung an die drei Bausteine (Radinsfrastrukur/ÖPV Integration/Push- und Pull-Maßnahmen) der zitierten Studie, zu erarbeiten und so eine “Radlhauptstadt München” Wirklichkeit werden zu lassen.
2. ÖPNV Taktverdichtung intensivieren und Personalmangel bei der MVG bekämpfen.
Damit mehr Menschen vom Auto auf den ÖPNV umsteigen bedarf es attraktiver Angebote. Insbesondere die Taktverdichtung stellt sicher, dass viele Menschen schnell mit dem ÖPNV durch München reisen können. Um diese zu bewerkstelligen sollten weitere Maßnahmen ergriffen werden die den Personalmangel bei Fahrer:innen und in den Werkstätten bekämpfen. Insbesondere das Angebot von Personalwohnungen und eine Metropolen-Zulage für München können Anreize darstellen, um potentielle Arbeitnehmer:innen anzulocken. Zusätzlich würde ein kostenloses ÖPNV Ticket in München für Rentner:innen, Schüler:innen und andere bedürftige Gruppen die Umstieg auf den ÖPNV sozialverträglich beschleunigen.
Gesamtlänger der Wege: 60.000.000 Personenkilometer pro Tag [2]
Anteil der Personenkilometer PKW aktuell: 46% (48% aktuell mit PKW davon 2% mit ePKW (Link zur Übersichtsmaßnahme)
Emissionsfaktor VerbrennerPKW: 146,3g CO2/km [14]
Emissionen dieser VerbrennerPKW pro Jahr:
60.000.000 km/Tag * 46% * 146,3g CO2e/km * 365 Tage/Jahr = 1,47 kt CO2e/Jahr
Potential des Modal Splits (Eingesparte Emissionen durch Verlagerung auf andere Mobilitätsmethoden (Einsparungen – zusätzliche Emissionen)):
Änderung | Modalsplitänderung | Einsparungen (negativ = Mehremission) |
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- 46% PKW (Verbrenner) | von 46% auf 0% | = + 1,47 kt CO2e/Jahr |
+ 15% ePKW | von 2% auf 17% | = - 0,23 kt CO2e/Jahr |
+ 15% ÖPNV | von 32% auf 47% | = - 0,09 kt CO2e/Jahr |
+ 14% Rad | von 14% auf 28% | = - 0,03 kt CO2e/Jahr |
+ 2% Fuß | von 6% auf 8% | = - 0,00 kt CO2e/Jahr |
Summe: +/- 0% | Gesamteinsparung | = 1,12 kt CO2e/Jahr |
Einzelrechnungen:
Emissionsfaktor ePKW: 69,2g CO2e/km [14] Emissionen: 60.000.000 km/Tag * 15% * 169,2g CO2e/km * 365 Tage/Jahr = 0,23 kt CO2e/Jahr
Emissionsfaktor Rad (incl. Pedlecs): 9,7g CO2e/km [14] Emissionen: 60.000.000 km/Tag * 14% * 9,7g CO2e/km * 365 Tage/Jahr = 0,03 kt CO2e/Jahr
Emissionsfaktor ÖPNV (E-Busse): 24,8g CO2e/km [14] Emissionsfaktor ÖPNV (Tram/Ubahn/Sbahn): 37,7g CO2e/km [14] Streckenverhältnis: Busse zu Bahn/Tram = ca. 2 zu 1 (37.2Mio. km zu 20,4Mio. km, siehe [16]) Emissionen: 60.000.000 km/Tag * 15% (2/3 * 24,8g CO2e/km + 1/3 * 37,7g CO2e/km) * 365 Tage/Jahr = 0,09 kt CO2e/Jahr