Von den heute etwa 290.000 Heizanlagen in München (ohne Fernwärme) sind rd. 62.230 auf Kohle-, 203.630 auf Erdgas- und 23.700 auf Erdöl-Basis, also fossil befeuert. Die Hälfte aller Gebäude in München sind – mit 178.000 Gas-Zählern – an Erdgas angeschlossen [4]. Diese fossil betriebenen Heizanlagen erzeugen in Einfamilienhäusern, Wohnanlagen, öffentlichen Gebäuden, Gewerbebetrieben usw. Wärme und warmes Brauchwasser (und manchmal auch Kälte). Gemäß Stadtratsbeschluss müssen diese binnen weniger Jahre „klimaneutral“ auf erneuerbare Energien umgerüstet sein, bis 2035 also etwa 22.300 Heizungen – pro Jahr!
Der Stadtrat hat 2019 beschlossen, dass - für alle Sektoren der Stadtgesellschaft (Mobilität, Konsum, Verwaltung, Wirtschaft...) - bis 2035 Klimaneutralität erreicht sein soll. Allein angesichts dieser Zahlen fossil betriebener dezentraler Heizanlagen ist dies unrealistisch, die neuesten Zahlen aus der städtischen “Wärmeplanung” gehen von 2040 aus, der städtische Gutachter spricht von 204X.
Mitte Mai 2024 hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München nun einen mutigen und für alle Münchner:innen weitreichenden Beschluss gefasst, die erste Stufe der “kommunalen Wärmeplanung München” (4). Verbunden ist dieser mit dem Beschluss zur “Transformation der Fernwärme” (6) und der Installation eines “Wärmekarte”-GEOPORTALs , in dem für jeden Wohnblock in München ablesbar ist, welche Art der Wärmeversorgung “in meiner Straße” angedacht oder gar vorgeplant ist (5). Dies als eine der ersten Großstädte in Deutschland - auf Basis des seit 01.01.2024 geltenden neuen Wärmeplanungs-Gesetzes des Bundestages.
„Die Wärmeplanung ist … eine rechtlich unverbindliche, strategische Fachplanung, die Möglichkeiten für den Ausbau und die Weiterentwicklung leitungsgebundener Energieinfrastrukturen für die Wärme-versorgung, die Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien und unvermeidbare Abwärme und zur Einsparung von Wärme aufzeigt sowie die mittel- und langfristige Gestaltung der Wärmeversorgung für das beplante Gebiet beschreibt ... Die Transformation der Wärmeversorgung Münchens ist ein langfristiger Prozess. Es geht dabei um die Transformation langlebiger Infrastrukturen (Sanierung des Gebäudebestands, Leitungsbau, Bau neuer Kraftwerke etc.), die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt (ca. 15 bis 20 Jahre) ... Mit dem gesamtstädtisch-strategischen Instrument der Wärmeplanung wird insbesondere die Planungs- und Investitionssicherheit der Energieversorgungsunternehmen, Gebäudeeigentümerinnen und Bürgerinnen erhöht und der Rahmen für die Umsetzung der Wärmewende in München gesetzt“ - so einige Kernsätze aus dem Stadtratsbeschluss (4).
Vorgesehen sind zwei „Teil-Pakete“: Zum einen soll die Dekarbonisierung der (zu verdichtenden und zu erweiternden) Fernwärmeversorgung in München weitergetrieben werden (a.a.O.). Zum anderen geht es mit der “Wärmeplanung” um klimafreundlichere Wärmeversorgung auch außerhalb von FW-Netzen, also dort, wo z.B. mittels Quartierskonzepten Nahwärme-Versorgungen möglich sind; bzw. dort, wo teil-zentralisierte nicht möglich, also „individuelle“ Lösungen gefunden werden müssen, z.B. eine (Luft-) Wärmepumpe statt der alten Ölheizung im Einfamilienhaus: „Neben der Fernwärme stellt das Heizen und Kühlen mit Grundwasser und mithilfe von Grundwasser-Wärmepumpen bzw. Nahwärme-Netzen ein wesentliches Element der zukünftigen Münchner Wärmeversorgung dar, insbesondere in weiten Teilen des (nord-) westlichen und des östlichen Stadtgebiets. Ergänzend kommen weitere Formen der oberflächennahen Geothermie hinzu, darunter insbesondere Erdwärme-Kollektoren. …stellen Luftwärmepumpen eine weitere Alternative dar, … kleinere, ergänzende Bausteine … wie Abwärme, Wärmespeicher, Solarthermie, vereinzelt Biomasse“ - so die Aufzählung von Heizungs-Alternativen im Wärmeplan.
Beispielansicht des Wärmeplans aus dem Geoportal München
Spannend wird in den nächsten Jahren die Frage, ob und wie weit die Stadt zu gehen bereit ist, die zunächst unverbindliche Wärmeplanung in den einzelnen Gebieten auch rechtsverbindlich zu machen: Durch Ausweisung von Netzgebieten (mit unzulässig anderer Art als einer jeweils vorgegebenen Wärmeversorgung), mit Festsetzungen in Bebauungsplänen, Erlass von (quartiersbezogenen) Wärme-satzungen und nicht zuletzt mit Satzungen über teil-örtlichen „Anschluss- und Benutzungszwang“ (AuBZwg, wie bei der Abfall- und Abwasserentsorgung). Auch wenn aus dem Rechtsgutachten der Stadt deutlich hervorgeht, dass das Instrument AuBZwg nutzbar ist, scheut die Stadt bislang davor zurück. Kann aber dann auch nicht erklären, wie etwa Verdichtung in Fernwärme- oder die Realisierung von Nahwärme-Netzen funktionieren könne, wenn die Anlieger sich an diese Fern- oder Nahwärme-Netze nicht anschließen wollen – z.B. weil die SWM mit ihrer bisherigen Anschluss- (Gebühren-) Politik Klein- und Mittelgroß-Wärme-Abnehmer vergrault , wie es z.B. die SHK-Handwerks-Innung der Heizungsbauer beklagt. Weil die Stadtwerke als Netz-Monopolist wirtschaftlich kein Interesse an solcherart Fernwärme-Kunden haben und deshalb lieber auf die für sie wirtschaftlich lukrativeren Erdgas-Versorgung setzen (obwohl Fernwärme- und Gasleitungen in einer Straße vielfach nebeneinander liegen): Wie aber soll „Klimaneutralität“erreicht werden, so ist die Stadtpolitik zu fragen, wenn die Stadtwerke einen Wärmeanschluss durch Kund:innen für diese nicht „wirtschaftlich reizvoll“ machen wollen (ersatzweise gar „Entzug“ der jährlichen SWM-Gewinnüberschüsse an den städtischen Haushalt „andeuten“), und die Stadt ihrerseits ausreichende Finanzmittel „via Flankierung der Wärmewende mittels des Förderprogramm Klima-gerechte Gebäude (FKG)“ nicht hat und andererseits den (zu erwartenden) Streit mit Bürger:innen scheut, zu Rechtsmitteln wie dem AuBZwg zu greifen.
Mit dem ersten Beschluss zur kommunalen Wärmeplanung München ist ein (fundiertes) Konzept vorgelegt worden, weitere Entscheidungen stehen ab Herbst 2024 an. Unter „kommunale Wärmewendestrategie“ werden dann wesentliche Instrumente, Maßnahmen-Pakete, Umsetzungsprioritäten, einzelne konkrete Nahwärme-Lösungen etc. und ein Zeitplan zunächst für die nächsten fünf Jahre zu entwickeln sein. Jedenfalls jetzt im Frühsommer 2024 beginnt die Phase der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, von Verbänden und Unternehmen, Handwerken-Innungen, der organisierten Zivilgesellschaft und auch jeden einzelnen Bürgers_Bürgerin! Diese Möglichkeit sollte intensiv genutzt werden, insbeondere, wenn es um “Ihr” Wohngebiet oder -quartier geht!.
Quellen: (1)Feuerstätten: Kaminkehrer-Innung Mai 2023 (2) erneuerbare Anlagen: Straßberger GmbH i.A. M-net (SWM) [3] SWM Magazin - “Versorgungssicherheit Gas” (4) Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 11411 (5) GEOPORTAL: Portal Kommunaler Wärmeplan (muenchen.de) (6) Umbau Fernwärme überwiegend auf Geothermie, s. entsprechende Kachel “Umbau fossile Fernwärme in Geothermie bis 2035"