CO2-Minderung durch "Raus aus der Kohle" bis 2022

gescheiterte Maßnahmengescheitert
Sektor:
Strom und Wärme
Beginn:
1.11.2017
Ende:
31.12.2022

GESCHEITERT | kontraproduktiver Beschluss: wachsender Gasbetrieb statt Kohleabschaltung 2027 vervierfacht CO2-Fußabdruck

Beschreibung

Umbau Kohleblock 2 im Heizkraftwerk Nord auf unbegrenzten Erdgasbetrieb ab 2024

Am Standort Heizkraftwerk Nord (HKW) betreiben die Stadtwerke München (SWM) neben zwei Blöcken zur Abfallverbrennung seit 1991 ein bisher mit Steinkohle befeuertes HKW zur Erzeugung von Strom und Wärme - den Block 2. Der Block 2 ist heute der mit weitem Abstand größte einzelne Treibhausgas-Emittent. Er steht in alleiniger Verantwortung der Stadt München.

Am 28.6.2023 hat der Stadtrat der Landeshauptstadt München beschlossen, den Kohleblock 2 im Sommer 2024 auf "dauerhaften Erdgasbetrieb" umzurüsten. Dieser Beschluss versäumt es, die bisherige Auslastungsgrenze des Kohleblocks (38% pro Jahr [3]) beizubehalten (oder gar zu senken) und eine zeitliche Begrenzung der Laufzeit des Kraftwerks mit Gasbetrieb (bis 2027) festzulegen. Bei der nun möglichen Fahrweise mit 100% Last unter Gas und einer längeren Laufzeit (zunächst bis 2035) wird es wahrscheinlich zu einer Vervielfachung der CO2-Emissionen kommen!

Damit ist zu prüfen, wie sich die vom Stadtrat neu geschaffene Situation hinsichtlich der Emissionen von Treibhausgasen auswirkt, wie "Kohle" mit "Erdgas" hinsichtlich von CO2-Emissionen zu vergleichen ist:

In dem vorhersehbaren Betriebsszenario der nachstehenden Grafik wird der CO2-Austoss des auf Erdgas umgerüsteten Kohleblocks mit Volllast im Erdgasbetrieb und mit einer Laufzeit bis 2035 um etwa +18 Mio Tonnen CO2 erhöht - das bedeutet mehr als eine Vervierfachung der Emissionen gegenüber des möglichen Kohle-Endes 2027! Und das Doppelte der Jahres-Emissionen ganz Münchens [5]!

Folie8.jpeg

Folie9.jpeg

Folie10.jpeg

Umsetzung des Bürgerentscheids „Raus aus der Steinkohle“ wäre 2027 machbar

2017 haben die Bürger:innen Münchens in einem Bürgerentscheid für alle Beteiligte verbindlich entschieden, dass bis Ende 2022 die Kohleverbrennung im Block 2 beendet werden muss. Die Bundesnetzagentur hat die Kraftwerksleistung aber (für die Strom-Stabilität des Stromnetzes Bayerns) für "systemrelevant" erklärt und damit eine Stilllegung 2022 untersagt. Dieses Hindernis entfällt voraussichtlich 2027 mit der Fertigstellung der überregionalen Stromleitung „SuedOstLink“ aus dem Norden nach Bayern, dann könnte der Block 2 - unabhängig ob Kohle- oder Gas-befeuert - abgerissen werden.

Der Block 2 wird für die Strom- und Fernwärmeversorgung Münchens schon heute nicht mehr benötigt (Gutachten TÜV-Süd 09_2019). Mit dem Ende der überörtlichen Systemrelevanz (voraussichtlich 2027) ist Block 2 weder für die Landeshauptstadt noch für das bayrische Stromnetz erforderlich und kann endgültig abgeschaltet werden, ohne dass in München „die Lichter ausgehen“. Für etwaige Notfälle bei Kälte von minus 16 Grad Celsius und gleichzeitigem Ausfall eines weiteren Groß-Heizwerks ist die "Kleine Heizwerke-Lösung" viel klimafreundlicher als der Weiterbetrieb von Block 2. Und außerdem haben die Stadtwerke schon vor zwei Jahren ein neues Konzept für HKW Nord ausschließlich auf Basis erneuerbarer Energien vorgelegt, aber bis heute nicht weiter verfolgt [4].

Block 2 läuft mit Kohle auf 38% Teillast

Der Stadtrat hat 2021 aus Klimaschutzgründen beschlossen, die Verbrennung von Steinkohle im Block 2 im Jahresdurchschnitt auf 38% Teil-Last zu begrenzen [3]. Das reduziert die CO2-Emissionen erheblich und reicht dennoch großzügig für den Wärme- und Strombedarf der Münchner Kund:innen, auch im Winter.

Ein Großteil des Stroms wird bereits heute exportiert und die Strom-Nachfrage wird mit der Energiewende Richtung erneuerbarer Energien weiter sinken. Auch der von Block 2 zu deckende Wärmebedarf in München sinkt deutlich, u.a. weil die Stadt die Fernwärmeversorgung auf Geothermie umstellt.

Gas im Block 2: Mit "Voll-Gas" die Emissionen vervierfachen!

Der Beschluss des Stadtrats vom 28.6.2023 klingt zunächst ganz positiv – „dreckige Kohle“ soll durch "weniger Klima-schädliches" Erdgas ersetzt werden. Wenn nur die Emissionen bei der Verbrennung (ohne Exploration und Transport mit erheblichen Methan-Emissionen) verglichen werden, reduziert Erdgas gegenüber Steinkohle - bei gleichen Betriebsweisen - die CO2-Emissionen tatsächlich um etwa 1/3 [1]. Womit aber auch leicht ersichtlich ist, dass mit Erdgas dann nicht länger oder mehr als 1/3 gegenüber der Kohleverbrennung gefahren werden dürfte, um die gleich schlechte CO2-Bilanz wie Steinkohle zu bekommen.

Aber leider lockert der Stadtrat mit dem Umbau-Beschluss 06_2023 zugleich zwei Bremsen, die gegenwärtig den CO2-Ausstoß von Kohleblock 2 begrenzen. Während der Betrieb von Block 2 aufgrund des Bürgerentscheids „Raus aus der Steinkohle“ 2027 auslaufen könnte, kann jetzt seitens der Stadtwerke München unbefristet, zunächst geplant bis Ende 2035, „Gas gegeben“ werden. Außerdem entfällt die Kohle-Lastbegrenzung von 38%, Block 2 kann also künftig mit „Voll-Gas“ 100% seiner Leistung ausschöpfen - das sind 88.000 Kubikmeter Erdgas pro Stunde! Und wird dies in Abhängigkeit von der Stromnachfrage aus dem (Bundes-) Netz nach dem „Merit-Order-Prinzip“ auch tun, weil es dabei viel Geld zu verdienen gilt.

Mit Gas (nicht Kohle) wäre allerdings auch ein "Stand-by"-Betrieb - mit Kostentragung durch den Netzbetreiber - möglich, bei dem der Block 2 fast immer gar nicht Energie wandelt und also (fast) keine Treibhausgase emittiert; sondern nur dann binnen weniger Stunden hochgefahren wird , wenn eine Notlage droht und die systemrelevante Strom-Stabilität Bayerns (für einige Stunden oder Tage) wieder gesichert werden muss. Aber von "Klimaschutz" (auch mittels Stand-by) ist beim Stadtrats-Gasumbau-Beschluss 28.06.2023 gar keine Rede! Diese neue Regelung schafft die Voraussetzungen, dass die Stadtwerke München zunächst bis 2035 mehr als +18 Mio Tonnen CO2 zusätzlich emitieren werden – das entspricht mehr als einer Vervierfachung der Emissionen gegenüber Stilllegung 2027. Und mehr als dem Doppelten der Jahres-Emissionen von ganz München!


Quellen: