ÖPNV

verzögerte Maßnahmenverzögert
Sektor:
Verkehr
Zuständigkeit:
Amt für Stadtplanung und Mobilität, DVB und weitere

Im Bereich des ÖPNV lassen sich endlich schnelle Erfolge für die Verkehrswende erzielen.

Beschreibung

Worum geht es?

In dieser Maßnahme wollen wir vor den aktuellen Stand der Umsetzung von wichtigen Klimaschutzmaßnahmen im Bereich der Mobilität vorstellen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Bus und Bahn, da es hier sehr wirkmächtige Möglichkeiten im Hinblick auf das Potenzial zur Reduktion von Treibhausgasen (THG) und zahlreiche weitere Vorteile gibt. Einen umfassenderen Überblick über die Pläne der Landeshauptstadt Dresden (LHD) liefern wir in der Maßnahme zur Mobilitätsplanung.

Was brauchen wir? LocalZero benennt die folgenden Punkte als wichtigste und am einfachsten umzusetzende Startmaßnahmen, um schnell Fortschritte im Mobilitätssektor zu machen [1]:

"Elektrifizierung öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Schwerpunkt Transformationsplan für Busflotte inklusive Einkauf Elektrobusse": Kurz und knapp sollen bisherige Diesel-Busflotten in E-Busflotten umgerüstet werden (in seltenen Anwendungsfällen auch Wasserstoff-Busse). Dafür wird auch zum Teil eine Umrüstung der aktuellen Infrastruktur benötigt, etwa mit dem Ausbau von Ladestationen.

"Streckenausbau ÖPNV": Mehr Gebiete sollen für Menschen erschlossen werden, die bisher keinen guten Anschluss an den ÖPNV haben. Bestehende Linien erfordern gegebenenfalls einen Ausbau, um auf höheres Verkehrsaufkommen vorbereitet zu sein.

"bessere Taktung bestehender ÖPNV": Einzelne Linien sollen häufiger fahren und damit auch besser aufeinander abgestimmt werden (bessere Anschlussverbindungen).

"Einrichtung von Mobility Hubs": Damit sind zentrale Punkte gemeint, an denen sich zwischen verschiedenen Mobilitätsformen wechseln lässt (z.B. Bus, Straßenbahn, Leih-Fahrrad, Leih-Auto, etc.).

"Sharing Systeme ausbauen": Die Nutzung von Mobilität soll vom individuellen Besitz entkoppelt werden. Z.B. Auto leihen, statt kaufen. Am Beispiel des Autos werden dadurch einerseits Autos mehr Stunden pro Tag verwendet (im Vergleich zum Privatbesitz), also effizienter genutzt, und andererseits lässt sich dadurch die absolute Anzahl an benötigten Autos in der Stadt reduzieren, was Flächen (z.B. Parkplätze) frei macht für andere Zwecke (z.B. Begrünung).

Was ist geplant?

Die Verabschiedung eines umfassenden Plans seitens der LHD wird gerade noch verhandelt und steht damit aktuell aus (Details in Laras Artikel). Die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), einer der wichtigsten Akteure der Mobilitätswende in Dresden, haben sich jedoch bereits positioniert: Im DVB Strategiepapier von 2020 [2] wird beschrieben, wie sich bis 2030 der Anteil des ÖPNV an den zurückgelegten Strecken von 20% auf 25-30% steigern ließe. Die Kernmaßnahmen der DVB decken sich mit den Forderungen von LocalZero (s. Was brauchen wir?): Taktverdichtung, Streckenausbau und -neubau sowie Sharing-Konzepte (z.B. Mobi-Punkte).

Ebenso finden sich Rahmenbedingungen im Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept (IEK) der LHD: Als grundlegende Zielstellung werden "Elektromobilität und elektrische Antriebe in allen Verkehrsmitteln." [3]1 benannt. Zudem soll der "Anteil des Umweltverbundes auf 75 Prozent für alle zurückgelegten Wege" [3]1 gesteigert werden. 2018 lag dieser Wert in Dresden bei 64 Prozent. [4]

Darüber hinausgehend beschreibt das IEK folgende grundsätzliche Enwicklungen als notwendig für die Mobilitätswende [3]2:

  • Energiebedarf pro Kilometer Strecke reduzieren
  • PKWs besser auslasten (z.B. mit Pooling-Konzepten)
  • THG-freie Antriebe weiterentwickeln und nutzen
  • vermehrt öffentliche Verkehrsmittel (inklusive Fuß- und Radverkehr) statt MIV nutzen
  • Güterverkehr vermehrt via Zug statt LKW oder Flugzeug organisieren
  • THG-freie Antriebe für Güterverkehr weiterentwickeln (besonders kritisch für Schiffe und Flugzeuge)

Mobility Hubs, gemeint sind zentrale Umstiegspunkte zwischen verschiedenen Mobilitätsangeboten, und Sharing-Konzepte finden ebenfalls Erwähnung, jedoch sehr allgemein. [3]1

Was ist bereits umgesetzt?

Nun wollen wir im Einzelnen die fünf Kategorien aus "Was brauchen wir?" aufgreifen und den aktuellen Stand der Umsetzung darstellen.

Elektrobusse:

Die DVB haben aktuell 158 Busse in ihrer Flotte, wovon 21 E-Busse sind. [5] Das entspricht circa 15 Prozent. Dieser Anteil könnte sich in den nächsten Monaten erheblich steigern, da die DVB aktuell 45 weitere E-Busse beschaffen. [6] Eine offizielle Stellungnahme von Seiten der DVB zur Beschaffung steht aktuell noch aus.

Die DVB decken zwar den Großteil des ÖPNV in Dresden ab, jedoch gibt es daneben noch andere Mobilitätsdienstleister. So führen einige Linien der Regionalverkehr Sächsische Schweiz-Osterzgebirge GmbH (RVSOE) ebenfalls durch Dresden und sollten deshalb im Klimamonitoring betrachtet werden. Der aktuelle Busbestand der RVSOE umfasst derzeit keinerlei E-Busse. [7] Hierbei gilt es zu bedenken, dass die Elektrifizierung von Bussen im Stadtverkehr leichter zu realisieren ist, da diese tendenziell kürzere tägliche Strecken abdecken und dadurch die Logistik (z.B. Ladeinfrastruktur) in der Regel unkomplizierter ist.

Streckenausbau ÖPNV:

Im DVB Strategiepapier wurden insgesamt 13 Streckenausbauziele ab 2021 formuliert. [2]1 Diese beinhalten auch Neubauprojekte. Laut Strategiepapier sollten bis Ende 2024 fünf Vorhaben umgesetzt sein.

Diese drei wurden wie angegeben erreicht:

  • Erweiterung des 10-Minuten-Takts bis Cossebaude (Linie 68) (fun fact: auf dieser Linie kommen E-Busse zum Einsatz) [8]
  • Verlängerung der Linie 13 nach Kaditz [9]
  • Umstrukturierung des Busnetzes Nord [10]

Diese beiden Maßnahmen befinden sich im Prozess der Umsetzung, sind jedoch noch nicht abgeschlossen:

  • Taktverdichtung Linie 7 [11] [12]
  • Umstrukturierung des Busnetzes Süd-West [13]

Die DVB bieten eine ausführliche Übersicht mit sämtlichen Ausbauplänen an. [14]

bessere Taktung ÖPNV:

Localzero fordert bei diesem Punkt die "verstärkte und integrierte Taktung des bestehenden ÖPNV [sowie] Abstimmung mit regionalem und überregionalem Mobilitätsangebot" [1]

Bisher ließen sich keine verlässlichen Informationen zum Stand der Planung oder Umsetzung dieser Maßnahme mit spezifischem Bezug zu Dresden finden. Die beteiligten Akteure sind DVB, VVO, Deutsche Bahn und weitere. Für Hinweise sind wir dankbar (Kontakt: s. unten).

Mobility Hubs:

Mobility Hubs sind Orte, an denen sich leicht zwischen verschiedenen Mobilitätsangeboten wechseln lässt: Bus, Bahn, (Lasten-) Fahrrad sowie Leih-Auto stehen an den MOBI-Punkten der DVB zur Verfügung. [15] Im gesamten Stadtgebiet gibt es aktuell über 60 MOBI-Punkte und an zehn davon lassen sich Lastenräder ausleihen. [16]

Darüber hinaus gibt es Angebote für Bike+Ride. Das sind überdachte Fahrradstellplätze, die den Umstieg zwischen Fahrrad und ÖPNV attraktiver machen sollen. Der Ansatz hierbei ist, dass Menschen aus den äußeren Bereichen Dresdens zunächst mit dem Fahrrad zu diesen zentralen Punkten fahren und dann die Reststrecke mit dem ÖPNV zurücklegen, statt für die gesamte Strecke das Auto zu verwenden. Von diesen überdachten Stellplätzen gibt es in Dresden aktuell mindestens 28 mit insgesamt über 800 Stellplätzen.

Analog dazu funktioniert Park+Ride, wobei statt des Fahrrads für die erste Teilstrecke das Auto verwendet wird und dann auf den ÖNPV umgestiegen wird. Dadurch wird immer noch ein Teil der Strecke umweltfreundlicher bestritten und die Innenstadt von MIV entlastet. Hiervon gibt es aktuell mindestens 10 Anlagen mit über 500 Stellplätzen. [17]

Sharing Systeme:

Die Stadt Dresden hat das Sharing-Angebot mittlerweile reguliert und zum Teil öffentlich organisiert [17] In einer Kooperation mit "teilAuto" werden über 450 Autos zum Ausleihen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gibt es über 1500 Fahrräder von MOBIbike. [15]

Als Pilotprojekt gab es bis Ende 2024 das MOBIshuttle, in dem Carpooling erprobt wurde. [18] Dieses Konzept umfasst eine Zwischenform von ÖPNV und Taxi: Strecken lassen sich individuell und unabhängig von festen Linien (wie beim Taxi) zurücklegen, wobei entlang der Strecke andere Menschen mit ähnlichem Reiseweg eingesammelt ("gepoolt") werden.

Reicht das?

Insgesamt ist die Datenlage auf städtischer Ebene unzureichend, um eine quantitative Einschätzung zu treffen. Als ganz allgemeiner Trend lässt sich festhalten, dass die THG-Emissionen im Verkehrssektor in Dresden in den letzten Jahren nicht gesunken sind, sondern konstant bleiben. Das ist fatal, denn 24% der THG-Emissionen Dresdens fallen in diesem Bereich an. [19] Daraus lässt sich ableiten, dass die oben genannten Maßnahmen bisher nicht hinreichend umgesetzt werden. Selbstverständlich stellt der ÖPNV nur einen Teilbereich der Dresdner Mobilität dar und die große Masse der Emissionen stammt aus dem MIV. [19]

Dennoch besteht hier der größte Hebel für die LHD, weil sie den ÖPNV direkt gestalten kann und damit ein wirkungsvolles Instrument besitzt. Die Verkehrswende in Dresden muss erheblich an Fahrt aufnehmen, damit wir Klimaneutralität in den nächsten Jahren erreichen können.

In der Konsequenz bedeutet die bisherige Entwicklung, dass Anreize allein (Pull-Maßnahmen) nicht ausreichen, um dieses benötigte Tempo zu erreichen. Wir brauchen zusätzlich ordnungspolitische Ansätze (Push-Maßnahmen), die den MIV unattraktiver machen, bzw. zur stärkeren Elektrifizierung des MIV drängen. Die DVB liefert hierbei einige Vorschläge in ihrem bereits erwähnten Strategiepapier [2]2:

  • Parkplätze und Verkehrsflächen umwandeln
  • Fahrverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen
  • ÖPNV bei der Ampelschaltung bevorzugen
  • Erhöhung von Parkkosten
  • Wartezeiten an Fußgängerampeln verkürzen (zu Lasten von PKWs)

Insgesamt ist das Ziel dieser Push-Maßnahmen, PKWs gegenüber allen anderen Mobilitätsoptionen weniger attraktiv zu machen. Dafür können bisher bestehende Privilegien zurückgenommen werden.

Neben diesen illustrativ benannten Maßnahmen bedarf es ganz generell einer rapiden Elektrifizierung des Verkehrssektors. Am Beispiel der oben genannten Elektrobusse der DVB wollen wir dies nun noch in Zahlen fassen:

2025 werden voraussichtlich 66 von 158 Bussen des DVB-Bestands elektrisch sein. [20] [6] Das entspricht ca. 42% E-Bus-Quote. Im Bestand verbleiben dann 58% Diesel-Busse unter der Annahme, dass die neuen E-Busse alte Diesel-Busse aus dem Bestand verdrängen. Damit Klimaneutralität in der LHD bis 2035 erreicht werden kann, benötigen wir 100% E-Busse bis dahin.

Sollte der Bus-Bestand gleich bleiben, entspricht das 92 Bussen insgesamt, die noch konvertiert werden müssen. Das sind 9 neue E-Busse pro Jahr oder ca. 6% des bisherigen Gesamtbestandes. Für den Fall eines deutlich verstärkten Ausbaus des ÖPNVs in Dresden bis 2035 betrachten wir abschließend noch das beispielhafte Szenario, dass sich der Bus-Bestand der DVB um ca. 30% auf insgesamt 205 Busse erhöht. Dann wären 139 weitere E-Busse insgesamt benötigt. Das sind 14 neue E-Busse pro Jahr oder ca. 9% des bisherigen Gesamtbestandes.

Wo klappt es besser?

Stuttgart hat bereits das verbindliche Ziel der Klimaneutralität bis 2035 verabschiedet [21] und der Stuttgarter Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ [22] umfasst alle in diesem Artikel vorgeschlagenen fünf Kernmaßnahmen für den ÖPNV und geht noch weit darüber hinaus.
Bereits umgesetzt sind unter anderem:

  • bessere Taktung ÖPNV
  • vermehrte Tempolimits
  • mehr Carsharing Stellplätze

Besonders ambitioniert und begrüßenswert sind die Pläne für die Umgestaltung der Stuttgarter Innenstadt [23]: Die Aufenthaltsqualität innerhalb des City-Rings soll gesteigert werden. Dafür werden die Bedingungen für Menschen zu Fuß und auf dem Fahrrad verbessert, z.B. mit der breit angelegten Umwandlung von regulären Straßen in Fußgängerzonen und dem Ausbau des Fahrradstraßennetzes. Zugleich werden die verbleibenden, für Autos zugelassenen, Straßen als Mischverkehrsflächen mit Tempolimit 20 weitergeführt.

Diese und weitere Maßnahmen führen zu einer konsequenten Umgestaltung der Innenstadt, weg vom MIV.


Erstellt am 23.01.2025 von MG

Letzte Aktualisierung: 10.03.2025 (MG)

Fragen und Anmerkungen an: info@dresdenzero.de

Quellen:

[1]: GermanZero e.V.: LocalZero Top-Maßnahmen Verkehr, Top-Maßnahmen 4+5, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[2]: DVB: Strategiepapier zum zukünftigen ÖPNV in Dresden, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

  • [2]1 S. 16-21
  • [2]2 S. 30f.

[3]: Landeshauptstadt Dresden (2024): Vorlage Nr. V2693/24, Integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept Dresden (IEK), veröffentlicht am 05.03.2024, Ratsinformationssystem, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

  • [3]1 Band II, S. 52
  • [3]2 Band I, S. 65

[4]: Landeshauptstadt Dresden (2020): Stadtplanungsamt, Ergebnisse der repräsentativen Haushaltbefragung „SrV 2018“, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[5]: Landeshauptstadt Dresden: Öffentliche Verkehrsmittel, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[6]: electrive: Sächsische Verkehrsbetriebe erhalten Förderung für Elektrobusse, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[7]: RVSOE: Bus-Fuhrpark, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[8]: DVB: Bauprojekte, Linie 68, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[9]: DVB: Bauprojekte, Linie 13, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[10]: DVB: Bauprojekte, Busnetz Dresden Nord, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[11]: DVB: Bauprojekte, Königsbrücker Straße, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[12]: DVB: Bauprojekte, Königsbrücker Straße Nord, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[13]: DVB: Bauprojekte, Busnetz Dresden Süd-West, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[14]: DVB: Bauprojekte, Website, zuletzt abgerufen am 24.01.2025

[15]: DVB: MOBI, Website, zuletzt abgerufen am 03.03.2025

[16]: DVB: MOBI-Punkte, Website, zuletzt abgerufen am 03.03.2025

[17]: Landeshauptstadt Dresden: Sharing , Website, zuletzt abgerufen am 03.03.2025

[18]: DVB: MOBIshuttle, Website, zuletzt abgerufen am 03.03.2025

[19]: Landeshauptstadt Dresden: Evaluierung Verkehrsentwicklungsplan, Website, zuletzt abgerufen am 03.03.2025

[20]: DVB: Bus-Bestand, Website, zuletzt abgerufen am 03.03.2025

[21]: KEA-BW: Stuttgart - Gutes Beispiel für Nachhaltige Mobilität, Website, zuletzt abgerufen am 04.03.2025

[22]: Landeshauptstadt Stuttgart: Aktionsplan 2023, Website, zuletzt abgerufen am 04.03.2025

[23]: Landeshauptstadt Stuttgart: Das Zielkonzept für eine lebenswerte Innenstadt, Website, zuletzt abgerufen am 04.03.2025