Wie steht es um die Wärmeplanung?
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Wärmeplanung

Der Wärmewende kommt eine Schlüsselposition bei der Einhaltung des Paris Agreement und damit der Begrenzung der Klimaerhitzung auf unter 2 Grad zu. Im Stromsektor gibt es etablierte Marktmechanismen, im Verkehrssektor sind die Lösungen bekannt, im Wärmesektor hingegen müssen Lösungen gefunden und Weichen gestellt werden. Diese Lösungen müssen vor Ort verhandelt und geplant werden. Der Start ist eine fundierte Wärmeplanung. Zwei Punkte sind hierbei wichtig:
  • Qualitätsanspruch: Die Wärmeplanung muss dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.
  • Ambitionsniveau: Mit Hilfe der Wärmeplanung die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bis 2035 abgeschlossen sein.
Dafür stellt LocalZero die folgende Checkliste zur Verfügung.
1. Beschluss zur Durchführung

Kommunaler Beschluss zur Durchführung der Wärmeplanung inkl. öffentlicher Bekanntmachung

Anmerkung / Begründung:

Die Bremer Enquetekommission hat empfohlen, bis 2025 kommunale Wärmepläne für Bremen und Bremerhaven vorzulegen. Dies wurde auch im Aktionsplan Klimaschutz aufgenommen, siehe hierzu die Maßnahmen: S-HB-EA-3 und S-HB-EA-4 sowie S-BHV-EA-2 und S-BHV-EA-19

In der Stadt Bremen liegt die Federführung für die kommunale Wärmeplanung bei der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft.

Anmerkung / Begründung:

Im September 2024 wurde von der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft ein Gutachten als Grundlage zur Wärmeplanung vorgelegt.

Gemäß Auskunft der Verwaltung soll ein strategischer Planungsentwurf bis Februar 2025 vorliegen, sodass im März 2025 ein öffentlicher Beteiligungsprozess beginnen kann und im Dezember 2025 ein kommunaler Wärmeplan beschlossen werden kann.

2. Eignungsprüfung und verkürztes Verfahren (§ 14 WPG)

Frühzeitiges Ausschlussverfahren: Ausschluss von nicht geeigneten Quartieren/Gebieten für Wärmenetz oder Wasserstoffnetz (z.B. für ländliche, zersiedelte Räume)

Erklärung:

Ein potenzielles Wasserstoffgebiet kann hier bereits ausgeschlossen werden, wenn eine Eignung als sehr unwahrscheinlich eingestuft wird. Das ist zu dem Zeitpunkt der Wärmeplanung dann möglich, wenn entweder kein Gasnetz besteht oder bereits absehbar ist, dass eine künftige Versorgung mit Wasserstoff nicht wirtschaftlich sein wird. Disclaimer: Wasserstoffnetze sollten grundsätzlich ausgeschlossen werden: Verfügbarkeit und Kosten unsicher. Mit welcher Begründung geschieht dies vor Ort nicht?

Anmerkung / Begründung:

Für die Umstellung der Stahlwerke in Bremen auf erneuerbaren Energien wird auf jeden Fall grüner Wasserstoff benötigt. Ob und wie weit darüber hinaus (grüner) Wasserstoff für die Wärmeversorgung in Gebäuden eingesetzt werden soll, ist im Klimaaktionsplan nicht festgehalten, aber auch nicht definitiv ausgeschlossen.

Eine „Umrüstungsförderung auf Wasserstoff für Gas-KWK-Anlagen im Rahmen einer konsistenten grünen Fernwärme-Strategie" [Maßnahme L-EA-44] war angedacht, ist jedoch weder priorisiert noch konkretisiert. Ein mögliches Szenario für 2030 sieht mit dem umzurüstenden Kraftwerk Hastedt eine Deckung des Wärmebedarfs von 1% vor. Hierbei stellt sich die Frage, ob sich die Umrüstungsinvestition für eine so geringe Wärmedeckung überhaupt lohnt. BremenZero plädiert dafür, Wasserstoff nicht zu verheizen.

Erklärung:

Ein potenzielles Wärmenetz kann hier bereits ausgeschlossen werden, wenn es entweder kein Wärmenetz gibt oder die Siedlungsstruktur (niedrige Wärmebedarfsdichte / hohe Zersiedelung) es nicht sinnvoll erscheinen lässt. Wenn Wärmenetze objektiv schlechte Lösungen sind, sollten sie frühzeitig ausgeschlossen werden um Planungskosten zu sparen und hohe Heizkosten am Ende des Tages zu vermeiden. Mit welcher Begründung geschieht dies vor Ort nicht?

Anmerkung / Begründung:

In dem im September 2024 vorgelegten Gutachten mit dem Titel „Gebiete für Fern- und Nahwärmeversorgung: Räumliche Abgrenzung und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“ werden potenzielle Eignungsgebiete für Wärmenetze nach Wärmedichte und wirtschaftlicher Erschließbarkeit aufgezeigt.

Wie weit diese Vorschläge von den Beteiligten aufgegriffen werden, wird der weitere Planungsprozess zeigen.

3. Bestandsaufnahme inkl. Wärmebedarfe Status quo (§ 15 WPG)

Aktuelle Wärmeversorgung und Wärmebedarf feststellen.

Erklärung:

Sind alle oder zumindest die wichtigsten Bilanzen und Kennzahlen der Gemeinde vorhanden?
Wichtige Bilanzen:

  • Energiebilanz
  • Treibhausgasbilanzen
  • räumlich aufgelöster Wärmebedarf
Mögliche Kenngrößen:
  • Wohnflächen
  • Nutzungsarten der Gebäude
  • Flächendichten
  • Gebäudetypen und Baualtersklassen
  • Versorgungs- und Beheizungsstruktur der Gebäude
Mehr Infos hier (Leistungsverzeichnis A.1.1).

Anmerkung / Begründung:

Vom lokalen Wärmenetzbetreiber wurde ein gebäudescharfer Wärmeatlas erstellt, allerdings auf Basis von Verbrauchsdaten von 2015.

In dem Qoncept-Gutachten wurden die Gebäude aber zu "statistischen Blöcken" zusammengefasst. Daruaf aufbauend wurden entsprechend dem Leitfaden Wärmeplanung Gebiete mit unterschiedlichen Wärmedichten ausgewiesen (Seite 9 ff).

Anmerkung / Begründung:

Die öffentlich verfügbaren Karten des Wärmeatlas und im Gutachten sind nur mit einem groben Raster dargestellt, sodass Netzinfrastrukturen und Wärmedichten nicht anhand von Straßenzügen oder Gebäuden nachvollziehbar sind.

4. Erstellung der Potenzialberechnungen (§ 16 WPG)

Ziel ist die Ausweisung von Wärmebedarf und Wärmeversorgung im Ist-Zustand und Ziel-Zustand, in Abstimmung mit jeweiligen Szenarien. Hier sind zwei unterschiedliche Aspekte entscheidend:
(1) Identifizierung der Potenziale zur erneuerbaren Wärmeerzeugung
(2) Einschätzung über Potenziale zur Energieeinsparung sowie -effizienz durch Wärmebedarfsreduktion in Gebäuden sowie in industriellen oder gewerblichen Prozessen

Erklärung:

Es ist wichtig, dass sowohl umfangreich als auch priorisiert Wärmequellen berücksichtigt werden. LocalZero Liste der empfohlenen Wärmequellen.

Anmerkung / Begründung:

Mit dem Gutachten „Gebiete für Fern- und Nahwärmeversorgung: Räumliche Abgrenzung und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung“ soll dies ermittelt werden:

In diesem Zusammenhang sollen auch die Potenziale für eine Versorgung möglicher neuer Nahwärmegebiete auf Basis erneuerbarer Energien und unvermeidbarer Abwärme ermittelt werden. Außerdem wird für das gesamte Stadtgebiet die Fragestellung untersucht, inwieweit eine dezentrale Wärmeversorgung mittels Wärmepumpen technisch möglich wäre. (siehe Website)

Desweiteren werden bereits im Enquetebericht, S.45 folgende Potenziale ermittelt, darunter auch von LocalZero nur als "bedingt sinnvoll" eingestufte:

Für Bremen:

  • Wärmepumpen (Weserwasser, Rauchgas + Rechenzentren): 24%
  • Industrielle Abwärme incl. der Elektrolyseure: 34%
  • Wärme aus Abfall: 29 %
  • Biomasse (Restholz und Paludi): 8%
  • BHKW: 1%
  • elektrischer Kessel: 1%

Dieses Szenario sieht somit zu 38 % Treibhausgas-Emittierende Technologien vor und kann nur mithilfe von CCS - Technologien klimaneutral sein.

Für Bremerhaven:

  • Wärmepumpen Weserwasser + Solarthermie: 27%
  • Industrielle Abwärme + Rechenzentren: 9%
  • Müllheizkraftwerk: 57%
  • Biomasse: 5%
  • Gas: 2%

Dieses Szenario sieht somit zu 63 % Treibhausgas-Emittierende Technologien vor und kann nur mithilfe von CCS - Technologien klimaneutral sein.

Potenziale aus Abwasser (geschätzt >750 TJ/a bei 50 Mio m³ Abwasser/a) und Geothermie wurden hier nicht berücksichtigt und sollten ermittelt werden. Zum Vergleich: aktuell beträgt der Energieverbrauch aus Fernwärme 1235 TJ/a.

Anmerkung / Begründung:

Der Klimaaktionsplan sieht einige Maßnahmen zB zur Sanierung von Gebäuden vor, allerdings werden keine konkreten Ziele genannt, wie viel der Wärmebedarf dadurch reduziert werden kann/soll.

BremenZero schlägt vor, insbesondere im Bereich "suffizientes Wohnen" zusätzlich Anreize zu setzen, insbesondere was die Reduktion der Wohnfläche betrifft. Somit würde auch gleichzeitig der Wohnungsdruck gemindert werden.

Erklärung:

Die Potenzialanalyse sollte inkl. der geplanten Maßnahmen öffentlich vorgestellt werden und zur Kommentierung offengelegt werden. Hier muss die Möglichkeit Feedback zu geben geschaffen werden, um ggf. die Potenzialanalyse noch anzupassen. Das ist wichtig, denn basierend auf der Potenzialanalyse wird das Zielszenario entwickelt.
Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich die einmalige digitale Einsicht in die Pläne nach Erstellung des Entwurfs des Zielszenarios und der Einteilung in voraussichtliche Wärmeversorgunsgebiete inkl. Umsetzungsstrategie (§ 20 WPG, s.u.) für die Dauer von 30 Tagen zur Abgabe von Stellungnahmen.

Anmerkung / Begründung:

Ja, ein Beteiligungsprozess ist von März bis Juni 2025 vorgesehen. Siehe hier.

Die geplanten Maßnahmen des Klimaaktionsplans sind inklusive Umsetzungsstand bereits zum Großteil online einsehbar, hier ist allerdings keine Bürgerbeteiligung vorgesehen. Auch einen Bürger:innen-Beirat gibt es nicht. Dieser wäre sehr hilfreich, um die Politik während der Umsetzung der Maßnahmen aus Bürger:Innen-Perspektive zu beraten.

5. Erstellung der Zielszenarien (§ 17 WPG)
  • Entwicklung des zukünftigen Wärmebedarfs
  • Flächenhafte Darstellung zur klimaneutralen Bedarfsdeckung mit jeweiligen Zwischenschritten

Erklärung:

Damit wir in Deutschland dem Pariser Klimaabkommen entsprechen, müssen wir im Restbudget bleiben. Das bedeutet für jede Kommune:

  • Wird ein möglichst 100% Anteil lokaler Erneuerbarer Energien zur Wärmeerzeugung erreicht?
  • Bis 2035?
  • Mit den von LocalZero empfohlenen Wärmeanwendungen?

Anmerkung / Begründung:

Nein, hier spielen mehrere Faktoren hinein:

  • Das Zieljahr der Klimaschutzstrategie für Bremen ist 2038, nicht 2035.
  • Eine Restbudgetbetrachtung findet nicht statt.
  • Die Treibhausgase des Sektors "Energie und Abfall" sollen bis 2030 auf 70% gesenkt werden, genanntes Ziel aus dem Enquetebericht ist 100% CO2-freie Wärme bis 2038, dies allerdings mit Carbon-Capture-Technologien, um die Emissionen aus der Abfallverbrennung für Fernwärme zu verhindern.

Anmerkung / Begründung:

Dies wird sich aus dem Wärmeplan ergeben. Im Enquetebericht, S.51 werden Wärmepumpen aus Weserwasser, Abwärme aus Industrie und Müllverbrennung als besonders sinnvoll angesehen.

Zur Nutzung von Flusswasser sind bereits Untersuchungen in Arbeit, siehe Anfrage der CDU zum 15.08.2024

LocalZero schlägt vor, außerdem folgende Potenziale zu ermitteln:

  • Nutzung von Abwasser- und Grundwasserwärme mittels Großwärmepumpen
  • Nutzung solarer Wärme: Solarthermie + saisonaler Wärmespeicher
  • Nutzung von Erdwärme: Oberflächennahe Geothermie

Anmerkung / Begründung:

Da "Wärme" im Klimaaktionsplan nicht als eigener Sektor geführt wird gibt es Zwischenziele nur auf anderer Ebene:

Der Senat hat mit den Klimaschutzzielen für den Sektor Energie&Abfall eine Reduktion der Treibhausgase von 70% bis 2030 gegenüber 1990 beschlossen.

Weniger verbindlich, dafür konkreter sind die Zwischenziele aus dem Enquetebericht bis 2030:

  • Erweiterung des Fernwärmenetzesauf 120 km Haupttrasse + 260 km Anschlussleitungen (ca. 100 km zusätzliche Trasse)
  • Anteil der Fern-Wärmeversorgung aus fossilen Energien 2 %, zzgl. Abfall (9 - 14 %)

Anmerkung / Begründung:

Dies wird sich aus dem Wärmeplan ergeben.

(Die wesernetz GmbH plant kontinuierliche Anpassungen im Bestand des Mittel- und Niederspannungsnetzes von rund 40 bis 50 km pro Jahr, also bis 2038 ca. 750 km. Dies wird bei einer Netzgröße von 10.000 km wahrscheinlich nicht ausreichen (vgl. Protokoll des Klimakontrollausschusses vom 06.02.2024).

Im Enquetebericht, S.50 wird von einem 100% höherem Verbrauch als heute ausgegangen (ca. 130.000 TJ /a)

Anmerkung / Begründung:

Ein Beteiligungsprozess des Wärmeplans ist von März bis Juni 2025 vorgesehen. Siehe hier.

6. Einteilung in Wärmeversorgungsgebiete und -arten (§18 und 19 WPG)

Bei der Einteilung in Wärmeversorgungsgebiete passieren zwei Dinge:
(1) Einteilung in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete und -arten
(2) Darstellung der Wärmeversorgungsarten für das Zieljahr
Aufteilung nach Wärmeversorgungsgebieten (Wärmenetz, Wasserstoff, dezentrale Gebiete), eingeteilt in wo welcher Gebietstyp (sehr) (un)wahrscheinlich bzw. (un)geeignet ist. Aufteilung muss in Einklang mit vorliegendem/sich in der Erstellung befindlichen Wärmenetzbau- und -dekarbonisierungsfahrplan (Paragraph 32) sein

Anmerkung / Begründung:

Dies ergibt sich erst aus dem Wärmeplan-Entwurf, der im Februar 2025 vorliegen soll.

Anmerkung / Begründung:

Dies ergibt sich erst aus dem Wärmeplan-Entwurf, der im Februar 2025 vorliegen soll.

Anmerkung / Begründung:

Dies ergibt sich erst aus dem Wärmeplan-Entwurf, der im Februar 2025 vorliegen soll.

7. Umsetzungsstrategie und konkrete Umsetzungsmaßnahmen (§ 20 WPG)

Ziel muss ein ambitionierter Transformationspfad mit klaren Maßnahmen und jahresscharfer Planung mit schnellstmöglichem Start sein. Die Kommune („planungsverantwortliche Stelle“) muss im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst Maßnahmen durchführen, mit denen das Zielszenario erreicht werden kann, oder Dritte dazu beauftragen. Die Wärmeplanung ist eine Strategie, nicht einfach nur Daten und Fakten. Daher ist es wichtig, dass alle Akteure (s.u.) klare Rollen und Aufgaben haben und diese ineinandergreifen.

Erklärung:
  • Mit klaren Zuständigkeiten der beteiligten Akteure
  • Mit jahresscharfer Aktivität
  • Mit Fokus auf die wirksamsten Maßnahmen
  • Mit einem langfristigen Zeitplan, sodass die Gesamtheit der Maßnahmen im klimaneutralen Zieljahr abgeschlossen werden können (z.B. die lange dauernden Maßnahmen frühzeitig anschieben)
Anmerkung / Begründung:

k.A. Der Transformationspfad sollte über die Maßnahmen des Klimaaktionsplans abgebildet sein. Eine Anpassung / Konkretisierung der dort festgelegten Maßnahmen wird nach Beschluss des Wärmeplans erfolgen müssen.

Erklärung:

Auch hier kann die „Wasserstoff-Falle“ wieder zuschnappen. Denn viele Dekarbonisierungsstrategien z.B. von Stadtwerken basieren stark auf Wasserstoff. D.h. auch nach der Wärmeplanung ist es wichtig darauf zu achten, dass Wasserstoff weiter nicht im großen Stile eingesetzt werden soll (also z.B. als Energieträger in den Transformationsplänen der Stadtwerke).

Anmerkung / Begründung:

Dies ergibt sich erst aus dem Wärmeplan-Entwurf, der im Februar 2025 vorliegen soll.

Nach o.g. Potenzialen aus dem Klimaenquete-Bericht sollte die Wärmestrategie stärker auf die Nutzung von Flusswasser- und Abwasserwärme sowie Geothermie ausgerichtet werden als auf Biomasse.